Wer sagt eigentlich, dass nur Fahrräder reflektierende Sticker verdient haben? Eben, niemand! Also haben wir uns nach Düsseldorf auf die REHACARE begeben, die weltgrößte Messe für Rehabilitation und Pflege. 6 Quadratmeter dienten uns als Schaufenster, der Rolli-Community unsere reflektierende Aufkleberwelt zu präsentieren. Und wow, mit so viel großartigem und wohlwollenden Feedback hätten wir nicht gerechnet. Unsere bunten Sticker haben nicht nur Kinderaugen zum Leuchten gebracht, sondern überzeugten auch Fachpersonal und Sanitätshandel. 

 

 

Wo ist der Lifestyle?

Lifestyle und der Wunsch nach Individualisierungsmöglichkeiten ist in der Rehabilitationsbranche ein ausbaufähiges Thema, um es vorsichtig auszudrücken. Mal zum Vergleich: Ihr werdet kein Problem haben, Zubehör ausfindig zu machen, welches sich der optischen Auffrischung eures Fahrrads widmet. Accessoires wohin das Auge reicht. Bei der REHACARE, DER internationalen Leitmesse für Rehabilitationsmesse: Fehlanzeige! Kaum Anbieter von kreativem und buntem Zubehör dort zu finden, hat uns ehrlich gesagt ein wenig überrascht.

Vermutlich ist das auch ein Grund, warum REFLECTIVE Berlin so gute Resonanz erzeugen konnte. Der Vorteil zusätzlicher Sichtbarkeit im Straßenverkehr ist für Rollstuhlfahrer*innen natürlich ein wichtiger Faktor für die Wahl unserer Produkte. Allerdings hatten wir das Gefühl, dass die unzähligen Möglichkeiten zur Personalisierung, die unsere Sticker bieten, ein noch bedeutsameres Argument ist.

 

 

Wenig Strahlkraft im gesellschaftlichen Diskurs über behinderte Menschen

Das verwundert ja auch nicht, und zwar auf mehreren Ebenen. Während Fahrräder optionale Hilfsmittel zur Fortbewegung sind, sind jene, die im Rollstuhl sitzen, oftmals auf ihr Gefährt angewiesen. Der Rolli ist quasi wie ein Paar Schuhe, in erster Linie ein notwendiger Gebrauchsgegenstand. Der Wunsch, dem Rollstuhl eine individuelle Note zu verpassen, ist nachvollziehbar viel präsenter.

Wir müssen auch an dieser Stelle über die gesellschaftliche Ausgrenzung von körperlich und geistig eingeschränkten Personen reden. Menschen mit Behinderung bekommen in der Öffentlichkeit eher wenig Aufmerksamkeit, Barrierefreiheit als eher technisches Problem wahrgenommen, das es zu lösen gilt. Der Wunsch nach Coolness, Selbstausdruck und Individualität hat in einer Perspektive, die mit Makel und gefühlten Zumutungen behaftet ist, wenig Platz.

Neben technischen Lösungen, die Betroffenen das Leben ohne Frage leichter machen, gibt es aber natürlich auch den ganz profanen Wunsch nach Möglichkeiten, seine Persönlichkeit auszudrücken. Scheinbar haben wir voll in diese Kerbe geschlagen und mit unseren Stickern einen Nerv in der Community getroffen.

AVAB - All Vehicles Are Beautiful

Und diese Community ist größer als wir selbst dachten (siehe Problem der gesellschaftlichen Unsichtbarmachung). Allein die schiere Anzahl an unterschiedlichsten Fahrzeugen und Gehhilfen hat uns schon beeindruckt. Dass so viele Menschen Feuer und Flamme waren, ihrem Objekt mit unseren Stickern ein neues Gewand zu verpassen, macht uns sehr glücklich und auch ein bisschen stolz. Wir sagen an dieser Stelle ganz laut "Danke!" für all das tolle Feedback!

Ebenfalls Dank gebührt MEYRA, die durch die prominente Präsentation unserer folierten Stühle dazu beigetragen hat, den zukunftsgerichteten Fachhandel von der Idee zu überzeugen, ihrer Kundschaft funky REFLECTIVE Berlin Sticker anzubieten und damit einen Schritt in eine buntere Rehawelt zu wagen. Dass wir über die deutschen Grenzen hinaus tolle internationale Händler*innenkontakte geknüpft und somit die Chance erhalten haben, unsere Produkte in einem neuen Markt zu platzieren, verbuchen wir als handfesten Erfolg.

Eine lehrreiche Erfahrung

Vor allem aber haben wir einiges gelernt, teilweise Antworten auf ungestellte Fragen erhalten. Was bewegt die Rolli-Community? Inwieweit müssen wir mit unserem Standkonzept umdenken, wenn wir auf eine Messe kommen, auf der die Hälfte der Besucher*innen nicht auf 2 Beinen steht? Wie funktioniert dieses Krankenkassensystem und übernimmt die Kasse eigentlich unsere Sticker? Es hat uns Spaß gemacht, zu teilen und zu lernen, und wir haben noch mehr zu lernen. Wir freuen uns schon darauf.

Eberhard Schilling